Wasser und Nestlé

Ich stehe am Morgen auf und gehe als erstes aufs Klo – jeden Tag. Ich spüle und wasche mir die Hände. Dann gehe ich ins Bad, wasche mir das Gesicht, spüle mir den Mund aus – damit ich mich wenigstens halbwegs wie ein normaler Mensch fühle. Danach mache ich mir Frühstück, koche mir Kaffee und nehme mir ein Glas Leitungswasser für meine Tabletten. Nach dem Frühstück räume ich den Geschirrspüler ein, schalte ihn an, wische den Tisch feucht ab und kehre ins Bad zurück. Dort schalte ich die Waschmaschine an und geh erstmal duschen – inklusive Haare waschen. Nach dem Duschen putze ich mir die Zähne und spüle danach ausgiebig das Waschbecken aus – es sah aus wie Sau. Ich setze mich zum Lernen mit einer Flasche Wasser in die Küche und trinke quasi ununterbrochen. Dadurch muss ich natürlich auch häufig aufs Klo. Wieder die gleiche Prozedur wie am Morgen: spülen und Hände waschen. Am Mittag hole ich die Post aus dem Briefkasten und nachdem ich die Blumen in der ganzen Wohnung gegossen habe, und neben mir Nudeln im Salzwasser kochen, schaue ich die Werbung durch. Gerade während ich erneut einen Schluck Wasser trinke, fällt mein Blick auf ein Angebot: Vittel, das stille Mineralwasser der Firma Nestlé günstiger als sonst. Toll.

Nestlé, die mit dem Slogan: Good Food, Good Life werben, sind nicht nur für den Verkauf von KitKat und Nesquik bekannt. Auch einige Wassermarken gehören zu ihrem Sortiment. Neben Vittel unter anderem auch Pure Life.

Nestlé bewirbt das Produkt Pure Life ganz familienfreundlich und so, als wäre es etwas Gutes. Schaut man allerdings mal hinter die Kulissen, reißt die Fassade des Milliarden schweren Unternehmens schnell ein. Denn was eigentlich hinter dem Produkt Pure Life steht, ist mehr als menschenverachtend.

Kurs gefasst: Nestlé kauft Wasserrechte in Dritte Welt-Ländern – Länder, die nach unseren Vorstellungen also ohnehin schon nichts haben und baut dort Brunnen. Klingt ja erstmal toll – was der weltgrößte Lebensmittelkonzern allerdings verschweigt ist folgendes: Das Wasser aus diesen Regionen kommt dann nicht etwa den Bewohnern zugute – nein – es wird gereinigt, mit Mineralstoffen angereichert, verpackt und teuer verkauft. Menschen, die in Regionen leben, in denen es ohnehin schon nicht viel Wasser bzw. kein sauberes gibt, wird also auch noch die letzte Chance auf ein besseres Leben verwehrt.

Und kein Trinkwasser heißt nicht nur, dass Menschen verdursten – es geht um viel mehr: Wenn es kein sauberes Wasser gibt, werden Menschen geradezu vergiftet und können nicht auf Hygiene achten (was für uns ganz selbstverständlich ist, ist in anderen Ländern überhaupt gar nicht erst MÖGLICH). Frauen und Mädchen müssen kilometerweit laufen, um Wasser für ihre Familien zu schleppen, können deshalb keine Schule besuchen, keine Ausbildung machen, nicht arbeiten gehen.

Während wir also weiter Nestlé unterstützen, in dem wir Produkte wie Nescafé, Herta, Alete, Buitoni, Maggi oder Nestlé-Schöller kaufen, oder eben von ihnen abgepacktes Wasser wie Pure Life, Vittel oder Acqua Panna, unterstützen wir einen Konzern, der zwar damit wirbt, das Beste für uns zu wollen, den unterm Strich aber nur Profit interessiert und die Menschen, die darunter leiden vollkommen egal sind.

Ich will damit sagen: Wir können jederzeit den Wasserhahn aufdrehen, die Waschmaschine anschalten oder die Klospülung drücken. Aber ihr kennt doch sicher alle den Moment, wenn man mal kurz kein Wasser zur freien Verfügung hat, weil es für wenige Stunden abgestellt wurde – und man völlig hilflos ist, weil man gerade dann ganz dringend die Hände waschen MUSS. Dann könnt ihr euch vielleicht auch vorstellen, wie es ist, 30km laufen zu müssen, um überhaupt an Wasser zu gelangen. Oder auch nicht – vielleicht kann man sich sowas einfach nicht vorstellen.

Jedenfalls möchte ich euch mit diesem Text dazu auffordern, ganz bewusst auf Nestlé-Produkte zu verzichten. Ich kann euch versprechen, wenn man es für einen guten Zweck tut, ist es kein Problem, dass man sich nie an der Kasse ein einzeln abgepacktes Eis kaufen kann, weil die nahezu ausschließlich von Nestlé sind. Und auch sonst sollte einem der Verzicht nicht allzu schwer fallen – wenn man bedenkt, wofür man es tut.

Mir fällt es jedenfalls nicht schwer – seit über einem Jahr verzichte ich nun schon auf Nestlé-Produkte. Und so klein dieser Beitrag zur Weltverbesserung ist, es ist immerhin etwas.

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